Leitlinie Umgang mit Patienten mit nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden

Vollständiger Leitlinientext auf der Website der AWMF

Stand: 15.4.2012
Gültig bis 2017

 

S.172 - S.173
"Empfehlung 108: Bei besonders schweren, chronifizierten nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden sollten bereits in der hausärztlichen und somatischen Fachmedizin multimodale Therapieansätze erwogen werden, auch wenn sie zunächst mit höheren Behandlungskosten verbunden sind. Vor allem ihre ambulante Verfügbarkeit kann allerdings begrenzt sein (z.B. auf dem Lande).

Kommentar zu Empfehlung 108
Definition "multimodale Behandlung": Vor allem bei schwereren Verläufen nicht-spezifischer, funktioneller und somatoformer Körperbeschwerden kommt es vermehrt zu gleichzeitigen Behandlungen durch mehrere Therapeuten, auch aus verschiedenen therapeutischen Bereichen, mit unterschiedlichen Graden gemeinsamer Abstimmung. Eine solche Behandlung wird als "multimodale Behandlung" erst genau dann bezeichnet, wenn es sich um eine interdisziplinäre Behandlung nach festgelegtem Behandlungsplan unter ärztlicher Leitung handelt, unter Einbeziehung von mindestens zwei Fachdisziplinen, davon eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin. Voraussetzung für eine multimodale Behandlung i.e.S. ist zudem eine interdisziplinäre Diagnostik durch mindestens zwei Fachdisziplinen (obligatorisch eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin) sowie die gleichzeitige Anwendung von mindestens drei der folgenden aktiven Therapieverfahren: Psychotherapie, Physiotherapie, Entspannungsverfahren, Ergotherapie, medizinische Trainingstherapie, sensomotorisches Training, Arbeitsplatztraining , künstlerische Therapie (Kunst- oder Musiktherapie) oder sonstige übende Therapien (Quelle: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI; deutsche Operationen- und Prozedurenschlüssel OPS Ziffer 8-918.x). Eine angemessene multimodale Schmerztherapie unter Anwendung einer Auswahl dieser Komponenten ist vor allem bei der Therapie schwererer schmerzdominanter Verläufe von Bedeutung. Diese beinhaltet üblicherweise körperliche, kognitive und verhaltensbezogene Komponenten und bezweckt angemesseneres, selbstwirksames Verhalten."

S. 192
"Empfehlung 126: Keine Evidenz liegt bislang für die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit anderer (körper-)psychotherapeutischer Richtungen (z.B. Gesprächspsychotherapie, konzentrative Bewegungstherapie, Kunsttherapie, Tanztherapie, Heileurythmie) bei schwerer verlaufenden nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden vor. Sie können im Einzelfall unter Überprüfung ihrer Wirksamkeit als Bestandteil eines Gesamtbehandlungsplans erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0 Starker Konsens"

Kommentar zu Empfehlung 126 (...):
Keine Evidenz gibt es zu einer ganzen Reihe weiterer (körper-)psychotherapeutischer Verfahren, so dass über der mögliche Wirksamkeit oder Unwirksamkeit zum aktuellen Zeitpunkt keine Aussagen getroffen werden können. Sie können im Einzelfall nach Abwägung von Nutzen und Schaden und nach einer sorgfältigen Information über Sinn, Bedingungen (Kosten), Ablauf und Inhalt erwogen werden, auch unter Berücksichtigung von Patientenpräferenzen. Aktive/aktivierende Verfahren, die auch selbständig zuhause durchgeführt werden können, sollten dabei bevorzugt werden.

(siehe auch Kommentar S. 193)