Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms

Vollständiger Leitlinientext auf der Website der AWMF

Stand: Juli 2012 (Aktualisierung)

 

S. 227/228
"Psychoonkologische Interventionen bei Mammakarzinompatientinnen umfassen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung im Akutkrankenhaus, in der Rehabilitationsklinik und im weiteren Verlauf der Nachsorge oder palliativen Versorgung folgende Maßnahmen:
(...)
Künstlerische Therapieverfahren (Kunst , Musik  und Tanztherapie) (Burns, DS 2001; Hanser, SB et al. 2006; Puig, A et al. 2006; Svensk, AC et al. 2009

Eine aktuell durchgeführte systematische Literaturrecherche hat gezeigt, dass Entspannungsverfahren, psychoedukative Interventionen, psychotherapeutische Einzelinterventionen und psychotherapeutische Gruppeninterventionen im Hinblick auf die Zielgrössen Angst, Depression, psychisches Wohl befinden sowie Lebensqualität signifikante Verbesserungen zeigen. Für die Paarinterventionen konnten in einigen Studien nur signifikante Effekte im Hinblick auf die Depressivität erzielt werden, während sich für die anderen Zielparameter keine Effekte nachweisen ließen."

 

 

Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV)
Leitlinienreport: Leitlinie für die Rehabilitation von Patientinnen mit Brustkrebs

S. 84
Evidenzbasiertes Therapiemodul "Künstlerische Therapien"

Ergebnisse der Literaturanalyse
Unter dem Begriff der Künstlerischen Therapien werden Kunst- und Maltherapie, Musiktherapie, Tanz- und Bewegungstherapie sowie die Poesie-/Bibliotherapie zusammengefasst. In diesem Themenbereich finden sich wenige systematische Studien (5 randomisierte Studien, 1 Fallserie) bei Patientinnen mit Mammakarzinom, jedoch ist die Evidenzbasierung bei PatientInnen verschiedenster Krebsdiagnosen weitaus besser belegt. Weiterhin werden die Künstlerischen Therapien in der Interdisziplinären S-3-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms der Frau (Kreienberg 2004) und in der australischen Leitlinie (NHMRC 2003) als wichtige supportive Maßnahmen zur Behandlung von KrebspatientInnen benannt.

Tanz- und Bewegungstherapie
In zwei randomisierten kontrollierten Studien (Dibbell-Hope 2000, Sandel 2004) werden signifikante Verbesserungen der Lebensqualität in der Interventionsgruppe und Verbesserungen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Schulter-Arm-Bereichs sowie des Körperbildes und des Selbstwertes beschrieben. Die Interventionsdauer beträgt 6 bzw. 12 Wochen. Eine Fallserie mit Mammakarzinom-Patientinnen (Serlin 2000), die eine Interventionsdauer von 12 Sitzungen beschreibt, unterstreicht diese Ergebnisse, da die Effekte der Intervention in der Verminderungen von Angst und Depression und in signifikanten Verbesserungen der Fatiguesymptomatik, der Vitalität und der Spannung bestehen.

Musiktherapie
Die Teilnehmerzahl in diesen drei randomisierten kontrollierten Studien (Burns 2001, Haun et al. 2001, Reinhardt 1999) war jeweils recht gering (ca. 10 Personen), so dass die Ergebnisse nur eingeschränkt bewertet werden können. In den Interventionsgruppen zeigen sich eine Verringerung der Angst, Verbesserung der Stimmung und eine Abnahme der Atem- und Herzfrequenz, welche die Veränderungen der psychologischen Parameter physiologisch untermauern. Diese positiven Effekte der Musiktherapie hinsichtlich der Schmerztherapie werden auch bei den Entspannungsverfahren beschrieben, die mit oder ohne Musikbegleitung durchgeführt worden sind (Devine & Westlake 1995)

S. 85
Bibliotherapie
Erstaunlicherweise existieren für diese Therapieform zwei randomisierte Studien (Stanton et al. 2002, Walker et al. 1999) mit ca. 20 Teilnehmerinnen in jeder Gruppe. Die Interventionsdauer wird mit zwei bis vier Sitzungen angegeben. Die Akzeptanz der Intervention war bei den Teilnehmerinnen sehr gut, jedoch sind die Effekte hinsichtlich der somatischen Nebenwirkungen der medizinischen Therapie und der Anpassung an die Erkrankung uneinheitlich. Es werden das eine Mal (Walker et al. 1999) keine Effekte zwischen Kontroll- und Interventionsgruppe gefunden und das andere Mal (Stanton et al. 2002) zeigen sich Effekte, wenn die krebsbezogene Abwehr in die Auswertung miteinbezogen worden sind.

Kunst- und Maltherapie
Hinsichtlich der Maltherapie mit Brustkrebspatientinnen finden sich einzelne Fallbeschreibungen und qualitative Auswertungen (Dreifuss 1981, Hampe 1997, Specht 1992). Ebenso existieren 2 Einzelfallbeschreibungen zum therapeutischen Plastizieren (Solheim 2002, 2004), die die Effekte dieser besonderen Therapieform beschreiben. Die Dauer der Intervention ist zum einen an die Dauer des stationären rehabilitativen Aufenthaltes gebunden oder bezieht sich auf ambulante Verläufe von einzelnen oder mehreren Sitzungen, von denen sich einzelne über einige Wochen hinziehen können. Da im Bereich der Künstlerischen Therapien für Mammakarzinom-Patientinnen wenige kontrollierte Studien und Studien mit geringen Fall zahlen vorliegen, werden diese Interventionen insgesamt mit Evidenzgrad IV bewertet. Für KrebspatientInnen allgemein könnte die Evidenzlage besser sein, so dass eine Vergleichbarkeit der Effekte bei Brustkrebspatientinnen mit KrebspatientInnen aller Diagnosen zu diskutieren ist.

Ergebnisse der KTL-Analyse
Die nachfolgende Tab. 9.1 listet die KTL-Codes auf, die zur inhaltlichen Beschreibung des Therapiemoduls "Künstlerische Therapien" und somit zur KTL-Analyse herangezogen wurden. Die grau unterlegten KTL-Codes sind die im Jahr 2003 am häufigsten verwendeten KTL-Codes, wobei Kunst- und Gestaltungstherapie sowie meditatives Malen am häufigsten in Anspruch genommen wurden, gefolgt von Bewegungs- und Körpertherapie. Musiktherapie kommt in geringerem Ausmaß zur Anwendung. Weiterhin wird deutlich, dass diese Interventionen bevorzugt als Gruppenbehandlungen durchgeführt wurden Einzelbehandlungen werden in 42 bis 200 Fällen genannt.

(siehe auch S. 86 - S. 89)